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Dieselgate, 1 Jahr später: Was haben wir daraus gelernt?

Okt 11, 2016

Dieselgate Volkswagen, DieselfahrzeugeVor genau einem Jahr wurde die Automobilindustrie in ihren Grundfesten erschüttert, als aufgedeckt wurde, dass Volkswagen, eine der weltweit stärksten Marken, die Abgasmessungen im großen Umfang manipuliert hatte. Der Skandal betraf mehr als 11 Millionen Dieselfahrzeuge. Der Vorfall löste weltweit eine Welle der Entrüstung aus. Heute jedoch spüren wir noch hauptsächlich die Nachwirkungen der indirekten Folgen.

Am 18. September 2015 verschickte die amerikanische Umweltschutzbehörde Environmental Protection Agency (EPA) eine Pressemitteilung, in der erklärt wurde, dass Volkswagen die obligatorischen Abgasmessungen bewusst manipuliert habe, indem eine Software verwendet wurde, die die Prüfumgebung erkennt und die Motorsteuerung vorübergehend anpasst, um die Emissionswerte zu verringern. So zumindest lautete das Ergebnis eines Labors der Universität von West Virginia, einem Team von fünf Personen, das, ohne es zu wissen, eines der größten Automobilunternehmen der Welt destabilisieren würde.

Vier Tage später gab Volkswagen dem Druck nach, woraufhin die Büchse der Pandora geöffnet wurde und die Menschen begannen, ihre Arbeit zu verlieren. Martin Winterkorns Position als CEO erwies sich als unhaltbar, die Aktien verloren innerhalb von zwei Tagen 40 Prozent ihres Wertes und gegen das Unternehmen wurden Hunderte von Schadensersatzklagen erhoben, die noch immer wie ein Damoklesschwert über dem Automobilkonzern aus Wolfsburg hängen. Bisher haben die Aktieninhaber Schadensersatzklagen im Wert von  8,2 Milliarden Euro eingereicht.

Das war damals. Mittlerweile verflüchtigt sich die dunkle, schmutzige Wolke über dem Dieselgate-Skandal langsam und bringt nach und nach seine wahren Folgen ans Licht. Fassen wir einige der bemerkenswerteren Fakten zusammen:

Folgen für die öffentliche Gesundheit

Laut einer Studie der Radboud-Universität in Nijmegen haben VW-Fahrzeuge von 2009 bis 2015 526 Kilotonnen mehr Stickoxide (NOx) ausgestoßen als von den amerikanischen und europäischen Aufsichtsbehörden gesetzlich erlaubt ist. Da ein Großteil der betroffenen Fahrzeuge in Europa verkauft wurde und die Bevölkerungsdichte hier höher ist als in den USA, sind die Folgen hinsichtlich der öffentlichen Gesundheit für unseren Kontinent sehr viel schwerwiegender. Die in der Zeitschrift ‚Environmental Pollution‘ veröffentlichte Studie „Valuing the human health damage caused by the fraud of Volkswagen“ (Beurteilung der durch den VW-Betrug verursachten Gesundheitsschäden für den Menschen) erwartet, dass die Verwendung der Manipulationssoftware Europa circa 45.000 gesunde Jahre kosten wird.

König Diesel ist tot, oder?

Seit den 90er Jahren hat sich die europäische Automobilindustrie stark auf die Entwicklung einer Dieseltechnologie konzentriert, die die europäischen Umweltstandards erfüllt. Im Jahr 2014 hatten 40 Prozent der in der Europäischen Union verkauften Fahrzeuge einen Dieselmotor unter ihrer Haube. In einigen Mitgliedsstaaten begann sich die öffentliche Meinung langsam gegen die Vorherrschaft von König Diesel zu stellen, ein Strömungswechsel, der durch Dieselgate nur noch verstärkt wird. Europäische Automobilhersteller (darunter auch Volkswagen) greifen dem bereits vor und stellten beim Pariser Autosalon viele Elektrofahrzeuge vor. Experten sind der Meinung, dass der Dieselmotor seinem Ende entgegenblickt, obwohl sich die Automobilindustrie fürs Erste weigert, den Selbstzünder in den Ruhestand zu schicken.

Aber wie sieht es bei den politischen Entscheidungsträgern aus? Diese ändern langsam ihren Kurs. Seit Kurzem gewährt die französische Regierung einen Bonus von bis zu 10.000 Euro für Käufer, die ihren alten Diesel gegen ein Elektrofahrzeug eintauschen, während der Londoner Stadtbezirk Islington bereits die Parkgebühren für Dieselfahrzeuge – mit 96 Pfund pro Jahr – gegenüber Benzinern erhöht hat.

Langes Warten auf einen richtigen Wendepunkt

Der plötzliche Ausbruch des Dieselgate war eigentlich die Folge eines Problems, das schon seit langer Zeit in der Fahrzeugindustrie geschlummert hatte. Alle waren sich seit Langem darüber im Klaren, dass eine Überholung der existierenden Verbrauchs- und Abgastests – des NEFZ (Neuer Europäischer Fahrzyklus) – längst überfällig war. Sie begannen, nach einem Test zu suchen, der die tatsächlichen Verkehrsbedingungen berücksichtigte:  das „Real Driving Emission“-Verfahren (RDE).  Zunächst hatte die Europäische Kommission einen Konformitätsfaktor von 1,6 vorgeschlagen (Anm.: der maximale NOx-Multiplizierungskoeffizient unter realen Bedingungen gegenüber der Euro-6 Norm). Infolge dieses Vorschlags könnten die Emissionen von Dieselfahrzeugen ab dem Jahr 2017 nicht mehr als 128 mg NOx/km betragen bzw. 1,6 Mal die von der Euro-6 Norm festgelegten 80 mg/km.

Nach Dieselgate beschloss die Europäische Kommission recht schnell, wesentlich strengere Normen für Automobilhersteller einzuführen. Der Koeffizient von 1,6 wurde auf 1,1875 geändert... aber die europäische Automobil-Lobby leistete starken Widerstand. Im Ausschuss „Kraftfahrzeuge“ (TCMV, Technical Committee Motor Vehicles) lehnten die Mitgliedsstaaten den Vorschlag der Europäischen Kommission ab und befürworteten einen Koeffizienten von 2,1. Dies bedeutet 168 mg NOx/km bzw. das Zweifache der aktuellen Euro-6-Norm. Außerdem ‚wagten‘ es die Mitglieder des Ausschusses, die Übergangszeit deutlich zu verlängern. 2017 werden die neuen Abgasnormen nur für neue Modelle gelten. Erst ab dem Jahr 2019 müssen alle Neuwagen die Anforderung von 168 mg erfüllen. Der Koeffizient von 1,5 (120 mg NOx/km) tritt erst 2020 für neue Modelle (Typgenehmigung) und 2021 für neu produzierte Fahrzeuge in Kraft.

Auswirkungen für OPENLANE

Für OPENLANE hatte Dieselgate nur bedingt Auswirkungen auf die Verkaufszahlen. Die Plattform für Online-Fahrzeugauktionen sieht auch kurzfristig keine Auswirkungen auf den Restwert gebrauchter Dieselfahrzeuge.

Fazit

Im Laufe des vergangenen Jahres lagen die Folgen des Dieselgate hauptsächlich in der öffentlichen Meinung. Vor allem wurden die Leute zunehmend auf umweltfreundliche Verkehrsmittel aufmerksam. Die Hersteller scheinen ihre Lektion gelernt zu haben und beginnen im großen Rahmen, auf den fahrenden Zug der alternativen Motoren aufzuspringen. Wenn nur auch die politischen Entscheidungsträger kooperieren wollten, könnte der Manipulationssoftware-Skandal paradoxerweise eine positive Wirkung haben...