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Auslaufen der Verbrennungsmotoren: Zwischen politischem Anspruch und Realität

Feb 10, 2022

Artikel verfasst von Effective Media. Die in diesem Artikel geäußerten Analysen und Meinungen sind ausschließlich die des Autors und nicht die von OPENLANE Europe.

Man liest es fast täglich in der Presse: In ein paar Jahren fahren wir vielleicht alle Elektroautos und das bedeutet auch, dass Verbrennungsmotoren bald ihren Abgesang erleben werden. Aber ist das wirklich so? Aufgrund mehrerer Faktoren ist die Debatte nämlich etwas nuancierter.

Auslaufen der Verbrennungsmotoren: Zwischen politischem Anspruch und Realität


In den meisten europäischen Ländern sehen wir den gleichen Trend zum Ausstieg aus Verbrennungsmotoren wie Umweltzonen in immer mehr Großstädten und ein Verbot von Dieselmotoren. Diese Entwicklung wird weiter dadurch unterstützt, dass immer mehr Hersteller ankündigen, die Entwicklung von Verbrennungsmotoren einzustellen und in den kommenden Jahren komplett auf Elektroantrieb umzustellen. Es sieht demnach also so aus, als würden wir alle spätestens in 10 bis 15 Jahren aufladen anstatt auftanken. Doch ist das realistisch?


Dagegenhalten

Obwohl Hersteller wie Ford, Jaguar und Volvo ganz auf Elektrifizierung setzen, gibt es andere Marken, die dagegenhalten. Akio Toyoda, CEO von Toyota hat kürzlich erklärt, dass bis 2040 nicht jeder elektrisch fahren kann. Der japanische Hersteller weist darauf hin, dass viele Regionen, in die er seine Autos verkauft, wie Asien, Lateinamerika und Afrika, bis 2040 nicht über die Infrastruktur verfügen werden, um Elektro- und Wasserstoffautos zu betreiben. Deswegen wird der weltgrößte Hersteller auch in den kommenden Jahren weiter in die Entwicklung umwelt- und klimafreundlicher Verbrennungsmotoren investieren. Dasselbe gilt für Carlos Tavares, den CEO von Stellantis, der Gruppe mit Marken wie Fiat, Opel, Citroën, Peugeot, DS, Alfa Romeo und Jeep unter seinen Fittichen. Er argumentiert, dass die rasche Elektrifizierung zu erheblichen Arbeitsplatzverlusten bei allen Autoherstellern führen wird, da weniger Arbeitskräfte für den Bau von Elektroautos benötigt werden. Er sagte in einem Interview mit Reuters, dass die Automobilindustrie zur Elektrifizierung gezwungen werde, doch die Produktion dieser Elektrofahrzeuge sei um 50% teurer als diejenige herkömmlicher Autos. “Diese Mehrkosten können wir niemals an den Kunden weitergeben, weil sich der Mittelstand das nicht mehr leisten kann,” sagte Tavares.


Kosten für Dienstwagen gegenüber denen von Privatpersonen

Der Preis ist in der Tat ein ausschlaggebender Faktor. Nehmen wir Belgien als Beispiel: Es gibt vor allem eine beschleunigte Elektrifizierung von Dienstwagen, weil bis 2026 sämtliche steuerlichen Anreize für Verbrennungsmotoren wegfallen. Diese Hebelwirkung besteht bei der Privatperson nicht. Eine Privatperson, die sich heute für ein Elektroauto entscheidet, zahlt dafür meist einen höheren Preis, doch hat dieser jedoch noch nicht die Reichweite, die mit der von Verbrennern mithalten kann. Letzteres ist im Vergleich zu Dieseln sicherlich der Fall. Das Verkaufsargument für Elektroautos ist heute – um es milde auszudrücken – nicht überwältigend gegenüber Privatleuten. Diese Diskrepanz zeigt sich auch in den jüngsten Zahlen des belgischen Branchenverbands der Importeure FEBIAC zu den Zulassungen im Jahr 2021.

Erstmals waren Elektroautos auf Augenhöhe mit Dieselautos. Letztere machten 2021 einen Anteil von 23,7% aus – ein Rückgang von 9,2% gegenüber dem Vorjahr. Alle elektrifizierten Fahrzeuge, also vollständig elektrische, vollständig hybride sowie Plug-in-Hybrid-Autos machten zusammen den gleichen Anteil an den Neuzulassungen aus. Die Veränderung ist also definitiv spürbar. Doch etwa neun von zehn vollelektrischen Autos und Plug-in-Hybriden wurden in Belgien auf den Namen eines Unternehmens oder eines Selbstständigen zugelassen. Die Lenkung durch die Steuerbehörden spielt also eine große Rolle. In anderen europäischen Ländern gibt es Förderungen für Privatpersonen. Ein Beispiel ist Luxemburg, das Privatpersonen einen Steuervorteil von 5.000 € für emissionsfreie Fahrzeuge und 2.500 € für Plug-in-Hybride bietet. In den Niederlanden beträgt die Fördersumme für ein neues Elektroauto 3.350 €. Für einen Gebrauchtwagen kann man einen Zuschuss von 2.000 € bekommen. Schweden, das je nach Fahrzeugtyp unterschiedliche Klimaprämien gewährt, hat einen Marktanteil von 32,2% bei elektrisch aufladbaren Fahrzeugen. Weitere Beispiele finden Sie hier.


Und wie sieht es mit dem Gebrauchtmarkt aus?

Der Umstieg auf elektrifizierte Fahrzeuge wird zwangsläufig auch Auswirkungen auf den Gebrauchtmarkt haben. Ein Einbruch des Gebrauchtwagenmarkts für Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor steht Experten aus der Leasingbranche zufolge nicht bevor. Leasinggesellschaften sind der ideale Indikator, weil sie ihre auslaufenden Autos auf den Markt bringen.

Die überwiegende Mehrheit dieser Verbrennungsmotorautos (ICE: Internal Combustion Engines) geht immer noch ins Ausland, insbesondere nach Osteuropa. Und das sollte wohl noch einige Jahre so bleiben, denn dort verlangsamt sich der Greening-Prozess. Letztlich wird das Angebot an Verbrennungsmotor-Autos geringer sein als die Nachfrage. Und laut Leasinggesellschaften wird der Gebrauchtmarkt für Elektroautos (EV, Electric Vehicle) in diesen Märkten in den kommenden Jahren nicht wesentlich wachsen, da 25.000 bis 30.000 Euro für ein gebrauchtes Elektrofahrzeug zu viel für das Budget sind, das dort ausgegeben werden kann. Mit anderen Worten, es wird wahrscheinlich noch Jahre dauern, bis Verbrenner auf dem Gebrauchtmarkt in Ungnade fallen. Da das Angebot die Nachfrage nur allmählich übersteigen wird, werden Verbrenner-Gebrauchtfahrzeuge voraussichtlich weiterhin gesucht und wahrscheinlich auch preislich stabil bleiben.


Restwert von Elektrofahrzeugen

Wenn mehr elektrifizierte Fahrzeuge auf den Gebrauchtmarkt kommen, wird die Preisbildung zu einem wichtigen Faktor werden. Der Wertverlust entspricht derzeit in etwa der von Autos mit Verbrennungsmotoren. Elektromotoren sind technisch einfacher als heutige Verbrennungsmotoren und auch weniger störanfällig und die Batterien haben heutzutage eine Lebensdauer von mindestens acht bis zehn Jahren. In Bezug auf den Gebrauchtwert ist das gut. Einziger Unsicherheitsfaktor ist die Entwicklung der Technologie. Wenn innerhalb von zwei Jahren ein neuer Batterietyp auf den Markt kommt, der der aktuellen Generation überlegen ist, haben Sie ein Problem, weil der Gebrauchtmarkt die ältere Batterie verwendet. Es gibt jedoch Hoffnung: grenzüberschreitender Verkauf – in dem OPENLANE sehr stark ist – könnte eine echte Chance für diese Fahrzeuge sein, da sie auf anderen europäischen Märkten attraktiver sind.